In unserem Newsblog finden Sie Blogbeiträge rund um das Thema Demografie in der Arbeitswelt sowie Veranstaltungstipps und Nachberichte eigener Veranstaltungen zum Stöbern. © Modrow
Anlässlich des Equal Pay Days, der jedes Jahr die Entgeltlücke zwischen Männern und Frauen markiert, stellte Das Demographie Netzwerk Hamburg in einer Online-Veranstaltung am 2. März den Universal Fair Pay Check vor – ein Instrument, das den Weg zur Entgeltgleichheit ebnet. Zwei Unternehmen, die den Check genutzt haben, zeigten, was sie mit Hilfe des Verfahrens erreicht haben und welchen Nutzen sie daraus ziehen.
Entgeltgleichheit als Nutzen für Gesellschaft und Wirtschaft
Im Zusammenhang mit fehlenden Fachkräften wird auch eine geschlechterneutrale Entlohnung zu einem immer relevanteren Faktor für Unternehmen, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren und für Bewerberinnen interessant zu sein. Claudia Hillebrand, Fachreferentin in der Hamburger Sozialbehörde, machte deutlich, dass Wirtschaft wie Gesellschaft von Chancengerechtigkeit und Entgeltgleichheit profitieren. Sie wies in ihrer Begrüßung auch auf den Equal Care Gap hin, der eine weitere Hürde für die Berufstätigkeit von Frauen darstellt.
Zertifizierung von Lohngerechtigkeit
Für Entgeltgleichheit setzt sich auch Henrike von Platen, CEO und Founder des Fair Pay Innovation Labs, ein. Sie hat ein dreistufiges Zertifizierungsverfahren entwickelt, das Unternehmen vom "Analyst" über den "Developer" bis hin zum "Leader" führt. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil wertet den Universal Fair Pay Check auf, indem er die Schirmherrschaft für die Awards in Deutschland übernommen hat. Mit einer Zertifizierung können die Betriebe nach innen wie außen sichtbar machen, dass sie Equal Pay als Unternehmenswert verfolgen und in welchem Stadium sie sich befinden. Nachdem die Gründerin das Verfahren vorgestellt hatte, moderierte sie die Diskussion mit zwei Best-Practice-Unternehmen, die bereits zertifiziert wurden.
Lohnlücke erfolgreich auf 0,3 Prozent gesenkt
Die esentri AG wurde als erstes Unternehmen deutschlandweit zum "Developer" ausgezeichnet und ist damit Vorbild für faire Bezahlung. "Fairness gehört zur DNA unseres Unternehmens und deshalb war es für uns ein notwendiger Schritt, dieses auch in unseren Gehaltsstrukturen zu spiegeln", sagte Romana Reeb, Head of Human Relations bei der esentri AG, die als mittelständischer IT-Dienstleister mit knapp 100 Beschäftigten an mehreren Standorten in Deutschland vertreten ist.
"Entlang der Gehaltsbänder werden in jeder Gehaltsrunde die Zahlen immer wieder überprüft und justiert", erläuterte die Referentin. Das sei zwar harte Arbeit, habe sich aber gelohnt: Der angepasste Gender Pay Gap beträgt bei esentri heute nur noch 0,3 Prozent.
Positive Wirkung auf das Unternehmensklima
Transparenz, Fairness und Chancengleichheit würden nicht nur die Mitarbeiterzufriedenheit steigern, sondern auch von Bewerbern/-innen gewünscht und honoriert werden. Auf diese gelebten Werte führt das Unternehmen auch die geringe Fluktuation zurück, die in der IT-Branche eher unüblich ist.
Dennoch gibt es weitere Ziele: Zukünftig möchte das Unternehmen die Gehaltsbänder bereits für Bewerber/-innen in den Stellenanzeigen präsentieren.
Gute Gründe auf Fair Pay zu setzen
Für Helmut Wallrafen, Geschäftsführer der Sozial-Holding Mönchengladbach, waren es die Unternehmenswerte, die ihn motivierten, den Weg für faire Gehaltsstrukturen zu ebnen. Gerade im Pflegeberuf gehe es um Menschen und um Würde, das Geschlecht sei dabei unwichtig. Eine zusätzliche Motivation sei der Fachkräftemangel. Die Pflegebranche sei stark vom demographischen Wandel betroffen und auch in seinem Unternehmen liege das Durchschnittsalter bei 46 Jahren. Er setze deshalb auf Aus- und Weiterbildung sowie ein positives Arbeitgeberimage.
Nachwuchsführungskräfte langfristig ausbilden
Im letzten Jahr wurde das 900 Mitarbeitende starke Unternehmen mit dem Universal Fair Pay Check als "Analyst" für den langjährigen und wirksamen Einsatz für gerechte Bezahlung der Mitarbeitenden ausgezeichnet. Den Schlüssel für Fairpay sieht Wallrafen in seinem Unternehmen darin, mehr Frauen in Führungspositionen zu beschäftigen. Er bietet seinem überwiegend weiblichen Personal kontinuierliche Weiterbildung an, sodass sie sich die Aufgabe zutrauen und sich gut vorbereitet fühlen. "Es darf kein Druck für die weiblichen Nachwuchsführungskräfte entstehen, nach dem Motto 'Du musst JETZT in Führung gehen!'", weiß der erfahrene Geschäftsführer. Vielmehr kommuniziere er das Thema frühzeitig, damit seine Mitarbeiterinnen es durchdenken, planen und – auch privat in der Familie – vorbereiten könnten. Flankierend bietet das Unternehmen Programme zur Vereinbarkeit von Familie und Karriere an.
Leitungspositionen bis zu 85 Prozent mit Frauen besetzt
Sein Bemühen trug Früchte: Waren zuvor weniger als 50 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt, sind es inzwischen in allen Gesellschaften der Sozial-Holding beinahe 75 Prozent, im Bereich der Altenheime sogar 85 Prozent. Damit hat sich auch der Gender Pay Gap verringert, denn das höhere Einkommen trägt zur Verschiebung des Ungleichgewichts zugunsten der Frauen bei.
Außerdem werde die Branche, die als typisch weiblich gilt, durch bessere Löhne aufgewertet und attraktiver. Obwohl nach Tariflohn des öffentlichen Dienstes entlohnt werde, könnten auch innerhalb von tariflichen Strukturen Ungleichheiten auftreten. Der Universal Fair Pay Check hilft, blinde Flecken in den eigenen Strukturen aufzudecken, den individuellen Handlungsbedarf zu erkennen und passende Maßnahmen zu ergreifen. Es lohnt sich also, genau hinzusehen.
Analyse als erster Schritt
Im anschließenden Austausch standen die Referenten/-innen den Teilnehmenden für detaillierte Fragen zum Vorgehen, zu den angewendeten Methoden und zur praktischen Umsetzung zur Verfügung. Dabei wurde deutlich: Jedes Unternehmen kann sofort mit der Fair Pay Analyse starten und sich im ersten Schritt Klarheit über den aktuellen Stand der Entgeltgleichheit verschaffen. Weitere Schritte führen dann zu einer Verringerung des Gaps und verschaffen den Unternehmen Vorteile, von denen sie nachhaltig profitieren.
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