In unserem Newsblog finden Sie Blogbeiträge rund um das Thema Demografie in der Arbeitswelt sowie Veranstaltungstipps und Nachberichte eigener Veranstaltungen zum Stöbern. © Modrow
Im Rahmen des Equal Care Festivals hat Hamburg zu einer ganztägigen Präsenzveranstaltung im Kulturzentrum AFROTOPIA eingeladen, die teilweise auch online zu verfolgen war. Die Veranstaltung stand unter dem Motto "Wir sorgen für Hamburg. We care for Hamburg. Bunt. Gleichberechtigt. Zukunftsweisend." Auf Podien, in Fachvorträgen und Workshops wurde intensiv über eine faire Verteilung der Sorge- und Selbstsorgearbeit diskutiert.
Unter dem Titel "Gelebte Vereinbarkeit – ein Gewinn für alle im Unternehmen" präsentierte ddn Hamburg mit Kooperationspartnern eine Podiumsdiskussion, die den Fokus auf die Lösung von konkreten Vereinbarkeitsproblemen legte.
Denn die Vereinbarkeit von privater Care-Arbeit und Erwerbsarbeit stellt oftmals eine große Belastung für betroffene Arbeitnehmende dar. Meist sind es Frauen, die dann auch die beruflichen und finanziellen Konsequenzen tragen. Unternehmen können einen wichtigen Beitrag zu einer gerechteren Aufteilung von Care-Arbeit und zu gleichen Löhnen für alle Geschlechter leisten, indem sie Vereinbarkeitsmodelle für alle Arbeitnehmenden anbieten und insbesondere auch Männer damit ansprechen. Eine gute Vereinbarkeit wird so zum Gewinn für alle – Unternehmen, Arbeitnehmende, Kinder und zu Pflegende.
Tim Angerer, Staatsrat der Hamburger Sozialbehörde, betonte in seinem politischen Impuls, dass über 90.000 Menschen in Hamburg pflegebedürftig sind. 80 Prozent davon werden Zuhause gepfelgt – meist von Frauen. Viele von ihnen reduzieren dafür ihre bezahlte und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. 7 Prozent geben den Beruf sogar ganz auf. Das werde spätestens dann zum Gerechtigkeitsthema, wenn Frauen später kaum Rente bekommen und in Altersarmut enden. Auch für die Fachkräftesicherung sind der Gender Pay Gap und die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit problematisch. Eine gute Verteilung von Pflegeaufgaben sei ebenso notwending, wie die bereits existierenden Unterstützungsangebote der Stadt.
Auf dem Podium wurde der Faden von Moderatorin Sarah Schröder aufgenommen und das Thema Vereinbarkeit lösungsorientiert aus verschiedenen Perspektiven diskutiert. Mit dabei waren:
Für pflegende Angehörige ist Unterstützung von außen, wie sie von Pflegestützpunkten oder Projekten geleistet wird,eine große Erleichterung. "Diese Projekte haben mich gerettet", so Sabine Pfeifer. "Es war so gut Ansprechpartnerinnen zu haben, mit denen ich mich austauschen konnten."
Der DGB – Deutscher Gewerkschaftsbund begleitet im Projekt "Vereinbarkeit von Familie und Beruf" Betriebs- und Personalräte mit praktischer Beratung vor Ort. Ricarda Scholz plädiert für verbindliche Regeln zu Care-Arbeit in Unternehmen, um Beschäftigten die Inanspruchnahme von Maßnahmen zu erleichtern.
"Solange Chefs bei 'Kind-krank-Meldungen' von Männern immer noch fragen, warum die Frau die Pflege nicht übernehmen kann, sind wir in der Verantwortung etwas zu ändern", erklärt Lukas Hurrle von Beiersdorf. Er gründete das Väternetzwerk "Dad.icated", um Rolemodels und Sichtbarkeit für das Thema zu schaffen.
Michel Rothgaenger ist Geschäftsführer eines KMU. Während der Coronazeit nahm er wahr, wie viel Kraft und Zeit die Betreuung seiner beiden Söhne kostet und wie ungleich die Lasten verteilt waren. Jetzt teilt er sich die Care-Arbeit mit seiner Frau 50:50 auf. In seinem Unternehmen legt er viel Wert auf Familienfreundlichkeit. Er ermöglicht seinen Mitarbeitenden die benötigte Flexibilität und steigert damit auch die Attraktivität seines Unternehmens. Wo sieht er Grenzen? "Die Arbeit muss geleistet werden, wann und wie ist mir egal", so der Unternehmer.
Wie er den Alltag zwischen Beruf und Familie mit seiner Frau organisiert und welche gesellschaftlichen Ziele er auch als Geschäftsführer im Blick behält, dokumentiert auch der NDR in seinem Beitrag vom 29. Februar 2024.
NDR-Beitrag "Equal Care Day: Arbeit und Haushalt fair aufteilen"
Im Anschluss kamen die Teilnehmenden im Rahmen eines World Cafés zu Wort. An Thementischen standen die Podiumsgäste und weitere Experten/-innen zum Austausch sowie zur Reflektion der Thesen bereit.
1. Tisch: Vereinbarkeit von Leben und Arbeit – keine Frage der Unternehmensgröße
2. Tisch: Wiedereinstieg und Jobwechsel bei Care-Verantwortung aus der Sicht von Erziehenden und Pflegenden
3. Tisch: Was braucht es noch an Unterstützung für Arbeitgebende und Mitarbeitende seitens des Staates/ der Stadt/ der Arbeitsverwaltung?
4. Tisch: Wie baue ich ein (Väter-)Netzwerk im Unternehmen auf?
5. Tisch: Vereinbarkeit von Familie & Beruf gestalten
Das erste Equal Care Day Festival hat in Hamburg viel Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt. Es zeigt auf, wie wichtig das Engagement und die Projekte für ein gutes und faires Zusammenleben sind. Gemeinsam mit Engagierten, Forschenden sowie Menschen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wurde die bunte Kraft und Vielfalt der Care-Landschaft Hamburgs gefeiert. Der lebhafte Austausch in den Workshops und auf dem Marktplatz der Möglichkeiten zeigte das große Interesse, etwas zu bewegen.
Dieses Festival wird für Hamburg sicherlich nicht das letzte gewesen sein!