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30.11.2022

Forum Q&W: Praxisbeispiel – Wissenstransfer bei der Deutschen Bahn AG

Die Babyboomer gehen in Rente und reißen Lücken in die Personaldecke, die kaum zu füllen sind. Ein Beispiel ist die Deutsche Bahn, der ein Generationenwechsel im ganz großen Stil bevorsteht. In den nächsten zehn bis zwölf Jahren werden ungefähr die Hälfte der Belegschaft in Deutschland das Unternehmen verlassen. Ziel ist es, in den kommenden Jahren jeweils rund 100.000 neue Mitarbeiter/-innen einzustellen. Generationenvielfalt zu managen, die Weitergabe von Knowhow von den erfahrenen an die neuen Mitarbeiter/-innen zu organisieren und das Wissen aller zu erweitern und zugänglich zu machen, sind weitere Mammutaufgaben für das Unternehmen.  

Wissensmanagement als "Must-have" von Unternehmen
Warum "Erfahrungswerte sichern" für Unternehmen so wichtig ist, erläuterte die ddn-Projektleiterin Susanne Sabisch-Schellhas in einem Impulsvortrag, den die leider erkrankte Ute Flügge vorbereitet hatte. Sie stellte einleitend ein Wort des Dalai Lama voran: "Teile Dein Wissen mit anderen. Auch das ist ein Weg zur Unsterblichkeit". Wenn auch nicht unsterblich, so doch zumindest handlungsfähig bleiben Unternehmen, wenn sie diesen Rat beherzigen. Wie gelingt es, Wissen im Unternehmen zu halten? Während das Faktenwissen im besten Fall bereits dokumentiert ist, wird das Fehlen des Erfahrungswissens meist erst deutlich, wenn Wissensträger/-innen ausgeschieden sind. 
 

Eine Wissenslandkarte kann die Übergabe unterstützen und erleichtern. 
Eine Wissenslandkarte kann die Übergabe unterstützen und erleichtern. 

Erfahrungswissen schwer dokumentierbar

Gerade der Erfahrungsschatz langjähriger und erfahrener Mitarbeitender sowie von Spezialisten/-innen ist für das Unternehmen kostbar – beispielsweise Projekt-, Organisations- und historisches institutionelles Wissen. Erfahrungswissen trägt häufig zur Beschleunigung alltäglicher Prozesse bei – beispielsweise um Gatekeeper und Netzwerker/-innen für das eigene Anliegen zu gewinnen, Unterstützer/-innen in schwierigen Situationen zu finden, No-Gos zu vermeiden oder SOS-Strategien zu entwickeln. Der Wert von informellem Wissen wird häufig unterschätzt. Eine moderierte Übergabe zwischen Wissensgeber/-in und Nachfolger/-in benötigt mindestens ein halbes Jahr, umfasst Interviews, die Dokumentation, z. B. in einer Wissenslandkarte oder Mindmap, Check- und Kontaktlisten sowie eine begleitete Übergabe.

Anlassbezogener und struktureller Wissenstransfer

Nicht nur beim Ausscheiden eines Mitarbeitenden muss das Wissen für die erfolgreiche Einarbeitung der Nachfolge dokumentiert werden. Ein erfolgreicher Wissenstransfer sollte kontinuierlich und strukturell verankert sein. Die systematische Sicherung von Wissen nutzt dem Unternehmen, den Beschäftigten und wertschätzt die Wissensgebenden. Durch den Wissenserhalt können erfolgskritische Positionen gesichert und Stillstand, Reibungsverluste und Handlungsunfähigkeit bei Fehlzeiten vermieden werden. 

Vielfacher Nutzen für Arbeitnehmende und Arbeitgebende

Die Wertschätzung von erfahrenen Arbeitnehmenden wirkt sich positiv auf das Unternehmensklima aus, trägt zu einem positiven Arbeitgeberimage bei und stärkt die Bindung an das Unternehmen. Das dokumentierte Wissen unterstützt wesentlich die strategische Personalplanung und erleichtert Stellenausschreibungen sowie die Einarbeitung neuer Mitarbeitender. Bei Umstrukturierungen oder veränderten Arbeitsbedingungen können Stellenzuschnitte schneller angepasst werden. Mitarbeitende profitieren von einer wertschätzenden Unternehmenskultur und werden leistungsfähiger, motivierter, loyaler und kooperativer.

Katharina Greiff berichtet von ihrem vielfältigen Wissensmanagement bei der Deutschen Bahn AG.
Katharina Greiff berichtet von ihrem vielfältigen Wissensmanagement bei der Deutschen Bahn AG.

Wissenstransfer bei der Deutschen Bahn

Bei der Deutschen Bahn hat man die Notwendigkeit des strukturierten Wissenstransfers bereits erkannt. Die Transformation zu einem wissensorientierten Unternehmen erfordert neue Arbeitsweisen und -welten, neue Kenntnisse und Fähigkeiten sowie einen anderen Umgang mit Wissen. Hinzu kommt die massive Fluktuation durch Verrentung und der Abgang von kritischem Wissen, wenn in den nächsten 10 Jahren 100.000 Mitarbeitende das Unternehmen verlassen. 

Mit voller Unterstützung ihres Personalvorstandes setzen Katharina Greiff und ihre Kolleginnen seit 2020 ein ganzheitliches Konzept zum Wissensmanagement mit einer Palette von Maßnahmen um.

Das Konzept "Voneinander lernen"

"Anfangs gab es auch viel Skepsis", berichtete die Referentin. Wissensmanagement traf auf Widerstände, weil der Nutzen den Mitarbeitenden nicht ersichtlich war und als zusätzliche Arbeitsbelastung gesehen wurde. Doch inzwischen überwiegt für alle der Nutzen. Das Team entwickelte ein umfassendes Konzept zum Wissensmanagement, das von den Nutzenden ausgeht und dem Ziel folgt, ein einheitliches und vernetztes Verständnis mit definierten Regeln, Prozessen und Standards zu schaffen. 

Das "Haus des Wissens" der Deutsche Bahn stellt das "Wissen", das gespeichert, erschaffen, geteilt und angeeignet wird, in den Mittelpunkt. Dieses wird von den Wissensmanagern/-innen so aufbereitet, dass die Mitarbeitenden in der Produktion wie im Büro in der Lage sind, dieses Wissen zu nutzen und im Zuge von Qualifizierungen immer wieder neues Wissen zu erwerben.

Der Wissenstransfer vollzieht sich in zwei Schritten: Führungskräfte und Wissensträger/-innen steuern den Prozess, identifizieren erfolgsrelevantes Erfahrungswissen und organisieren den Transfer vom Wissensgebenden zum -nehmenden – und zwar anlassbezogen wie auch kontinuierlich. HR steht begleitend zur Seite.

Die Tools: "Wo finde ich was?"

Das Wissen wird für alle Mitarbeitenden in vier verschiedenen Online-Tools gesichert und zugänglich gemacht. Die Website "DB Wissenstransfer", der "DB Planet", das "DB Personalportal" und die DB Lernwelt "Wissen Roadmap" liefern Instrumente, Orientierung und Lern- sowie Unterstützungsformate für den Wissenstransfer.

Die neue Webseite "DB Wissenstransfer" ist der konzernweite zentrale Infopoint für den Wissenstransfer und über die DB-Suche sowie über Verlinkungen mit weiteren Seiten zugänglich. Die Anwender/-innen erhalten digitale Hilfestellung bei der Nutzung von Formaten, von IT- Anwendungen sowie durch Arbeitshilfen, Checklisten sowie praktische Tipps und Tricks.

Resonanz: "Was bewegt die Teilnehmenden?"

In der anschließenden Diskussion beantwortete Katharina Greiff zahlreiche Fragen zum Konzept und zur Umsetzung des Wissenstransfers in einer Konzernstruktur. Wie die Akzeptanz für die Nutzung bei den Mitarbeitenden erreicht wurde, war beispielsweise eine Frage. Die Lösung liegt in einem durchdachten, kohärenten Konzept, das den Mitarbeitenden einen Vorteil in Form von Zeitersparnis, Verfügbarkeit des Wissens, Wertschätzung von Wissensträgern/-innen, Zugang zum Wissen und individuellen Lernerfolgen gibt.

Es wurde deutlich, dass Wissensmanagement zu einem erfolgreichen Personalmanagement unbedingt hinzugehört und die Mitarbeitenden dann überzeugt, wenn sie einen konkreten Nutzen darin sehen.

Download:

Präsentation von Ute Függe zum Thema Wissenstransfer

Präsentation von Katharina Greiff zum Thema Wissenstransfer bei der Deutschen Bahn 


Forum: Qualifizierung und Wissensmanagement

Icon: Q&WVor dem Hintergrund des demographischen Wandels und der digitalen Transformation gewinnen Weitergabe von Wissen und der Erwerb zukunftsfähiger Kompetenzen an Bedeutung. In den Veranstaltungen des Forums "Qualifizierung und Wissensmanagement" stellen wir Methoden und Instrumente zum Wissenstransfer sowie zur Qualifizierung der Mitarbeiter/-innen vor. Kompetente Mitarbeiter/-innen sind ein entscheidender Wettbewerbsfaktor für den Unternehmenserfolg. Doch wie kann ein Unternehmen das vorhandene Wissen optimal nutzen und halten? Kommen Sie mit uns in den Austausch.

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