Sie haben eine unserer Veranstaltungen verpasst oder möchten Informationen zu einer besuchten Veranstaltung nachlesen? Hier dokumentieren wir die Fachforen und Arbeitskreise für Sie.
Papierflieger flogen, Leitern wurden erklommen, Spinner-Schwüre geleistet und Porzellan zerschlagen – in der Demographie Werkstatt 2024 war einiges los. Provotainer Martin Gaedt und Geschäftsführer Michael Grenz zündeten ein Feuerwerk der ungewöhnlichen Recruiting-Ideen und riefen das Publikum zu mehr Mut beim Personalmarketing auf. Welche Trends und Themen das ddn-Veranstaltungsjahr aufgreifen wird, bestimmten die Teilnehmenden beim Netzwerktreffen mit.
"Die Mehrheit potenziell passender Fachkräfte hat sich noch nie bei Euch beworben. Der Ball liegt beim Unternehmen!", postulierte Martin Gaedt (unten im Bild) und nahm die über 80 Gäste des ddn-Netzwerks mit ins Ideen-Trainingslager. "Probieren Sie es mal mit umgedrehter Bewerbung." Unternehmen sollten wissen, mit wem sie die freie Stelle am liebsten besetzen wollen. Dann sei es an ihnen, auf diese Top-Kandidatinnen und -Kandidaten aktiv zu zugehen.
Um zu überzeugen, müssen Unternehmen die gewünschte Bewerbergruppe gut kennen. "So hat eine Stahlbaufirma festgestellt, dass Ingenieure häufig Heavy-Metal-Fans sind. Sie schrieb eine Verlosung von vier Tickets des ausverkauften Wacken-Festivals unter allen passenden Bewerbungen aus. Ein voller Erfolg – es rieselte gute Bewerbungen." Ein anderes Unternehmen hat hochwertige Smartphones an die Top-Kandidaten/-innen verschickt und dazu geschrieben "Unter der eingespeicherten Nummer erreichen Sie Ihren neuen Arbeitgeber". Solche Aktionen bringen den Unternehmen Bekanntheit und wecken Neugier auf dem Bewerbermarkt.
Auch langweilige Bewerbungsgespräche sollten der Vergangenheit angehören. "Nutzt diese eine Gelegenheit, Euch den Bewerbenden vorzustellen und in Erinnerung zu bleiben", empfiehlt Gaedt. Ein simples Kennenlerngeschenk reicht oft schon aus, damit die Kandidaten/-innen später über einen sprechen. "Aber auch unterhaltsame Recruiting-Aktionen, die zur Bewerbergruppe passen, locken Menschen eher als langweilige Gespräche an Messeständen." Basketball-Recruiting, Spieleabend-Recruiting, Urlaubscamp-Recruiting oder Baggerfahrt-Recruiting – das alles zieht Kandidaten/-innen an und löst positive Konnotationen aus. "Setzt Euch von der Konkurrenz ab!", so die stete die Botschaft des Provotainers.
"Bastelt in 10 Sekunden einen Papierflieger, der möglichst weit nach vorne fliegt!" lautete die Aufgabe, die Gaedt dem Publikum stellte. Was flog am weitesten? Nicht die klassischen Flieger, sondern die Papierbälle, die von einigen Teilnehmenden geworfen wurden. "Überdenkt das alte Gelernte und hinterfragt jede Definition, wie Dinge zu tun sind“, empfahl er und forderte das Publikum zum "Schwur der Spinner auf", um den lähmenden Gedanken "Das geht aber nicht" aus dem Kopf zu verbannen.
Präsentation: Rock Your Recruiting_Martin Gaedt (PDF)
Mut und Änderungswillen hat Michael Grenz von Hanseatic Power Solutions GmbH bereits bewiesen. Der Mittelständler aus der Energiebranche sticht durch seinen konsequenten und professionellen Einsatz von Social Media im Recruiting hervor und gewinnt so auch als KMU motivierte Azubis für seinen Betrieb. "Wir haben festgestellt, dass die gewohnten Wege nicht mehr den gewünschten Erfolg brachten. Printmedien sind auf dem Rückzug und Messen bringen mehr Quantität als Qualität. Zudem haben uns die großen und bekannten Elektrounternehmen regelmäßig die erste Runde an Bewerbenden weggeschnappt", erzählt der Geschäftsführer von HPS. "Wir mussten einen Weg finden, wie wir bei potenziellen Auszubildenden bekannt werden und als KMU überzeugen können. So haben wir auf Social Media gesetzt und das hat sich bewährt", resümiert er.
"Angefangen haben wir mit Facebook – darüber erreichen wir heute keine Azubis mehr, aber die Eltern und Lehrkräfte. Das ist auch von großer Bedeutung", erklärt Grenz. Als wichtigsten Kanal beschreibt er YouTube: "Die Bibel des Internets. Wenn ein Unternehmen dort nicht präsent ist, dann existiert es in den Augen der jüngeren Menschen nicht", formuliert er überspitzt. Auf die Frage an die Bewerber/-innen, woher sie HPS kennen, würden die meisten antworten: "Aus dem Internet. Ich habe Eure Videos auf YouTube gesehen."
So ganz nebenbei geht das natürlich nicht. Wer wie HPS Facebook, Instagram, LinkedIn, YouTube und TikTok adäquat bedienen will, muss nicht nur die zeitlichen Ressourcen und das entsprechende Budget einplanen, sondern auch einen Großteil der Belegschaft einbinden. "Social Media liebt Menschen und keine Maschinen, daher müssen mehrere Mitarbeitende aus dem Betrieb bereit sein, bei den Beiträgen mitzumachen", betont er.
Außerdem ist eine professionelle Vorbereitung der Kommunikationskanäle wichtig: Corporate Design, Logo-Platzierung, Musikauswahl und Zielgruppendefinition müssen festgelegt werden. "Sie müssen sich auch auf einen Rhythmus der Veröffentlichung festlegen, damit es vom Algorithmus honoriert wird", rät Grenz. Alles in allem bindet das Recruiting über Social Media viele Ressourcen, aber es lohnt sich. "Wir haben kein Problem mit der Fachkräftegewinnung", kann er stolz behaupten. Seine Botschaft: "Seid präsent, seid authentisch, findet die richtige Sprache … und dreht lustige Videos!"
Birthe Kretschmer (rechts im Bild), Vorständin von Das Demographie Netzwerk e.V. sowie Geschäftsführerin der ZEIT Akademie GmbH, und Claudia Hillebrand (links im Bild) von der Hamburger Sozialbehörde ordneten die Arbeitsmarktlage in Hamburg für das Publikum ein. "In der Hansestadt stehen wir im bundesweiten Vergleich relativ gut da. Der Wirtschaftsraum verzeichnet weiterhin Wachstum und wir haben einen robusten Arbeitsmarkt. Auch wenn Hamburg mehr für Fach- als für Arbeitskräfte zu bieten hat", berichtet die Referentin der Sozialbehörde.
"Bei welchen Zielgruppen sehen Sie unentdeckte Potenziale?", hakte die Moderatorin, ddn-Projektleiterin Susanne Sabisch-Schellhas nach. "Die Hamburger Fachkräftestrategie, die jüngst neu ausgerichtet wurde, setzt einen besonderen Schwerpunkt auf das Thema Diversity", erklärt Claudia Hillebrand. "Mit dem Hamburg Welcome Center haben wir als Stadt einen One-Stop-Shop für Arbeitgebende und zugewanderte sowie geflüchtete Arbeitssuchende geschaffen. Wir können uns über gute Integrationsquoten freuen", berichtet sie. "Hilfreich wäre es, wenn Unternehmen vermehrt auch Bewerbenden eine Chance gäben, die noch nicht über fließende Deutschkenntnisse verfügen, damit sie diese on-the-job verbessern können."
"Potenzial liegt auch in den 7 Prozent der Jugendlichen, die ohne Abschluss die Schule verlassen", führte Birthe Kretschmer an. "Wenn Unternehmen alte Recruiting-Pfade verlassen, so kann sich eine Win-Win-Situation ergeben." Eine Bank in Ulm-Biberach hat es vorgemacht: Für viele Serviceaufgaben fehlten die Kapazitäten. Das Unternehmen hat sich daher für Arbeitskräfte ohne Bankausbildung geöffnet und so diese klaffende Lücke geschlossen.
"Auch Menschen mit Beeinträchtigung sind eine Bewerbergruppe, die weitestgehend unerschlossen ist. Beratung zur Einstellung erhalten Unternehmen bei der ‚EAA –Einheitlichen Ansprechstelle für Arbeitgeber:innen‘", verwies Claudia Hillebrand.
Um in den kreativen Austausch überzuleiten, stellten sich die ehrenamtlichen Moderatoren/-innen der sechs ddn-Foren vor. "Ihr seid das Salz in der Suppe, die so wichtige Zutat für das Netzwerk ddn Hamburg", bedankte sich Susanne Sabisch-Schellhast mit einem kleinen Geschenk bei ihnen.
Die Moderatoren/-innen besetzten jeweils eine Metaplanwand, an der sie mit den Gästen ins Brainstorming gingen und die Trends sowie Themen der Foren für 2024 sammelten.
Forum Qualifizierung und Wissensmanagement
Moderation: Ute Flügge, Organisationsberatung, und Martina Staats, Randstad GmbH
Unter dem Motto "Recruiting – innovativ und kreativ denken" trug die Gruppe unter der Leitung von Ute Flügge (im Bild) und Martina Staats Ideen für große Strategien und kleine Maßnahmen der Rekrutierung zusammen. Auf den zahlreichen gelben Zetteln hielten sie Stichworte wie "Akquise bei Insolvenzen", "Gutscheine verschenken", "Hochwertige Jobs durch Unterstützer entlasten", "Wie erreicht man ältere Zielgruppen?", "Sprachförderung anbieten", "Mentoring" und viele weitere Ansätze fest. "Ich nehme viele Impulse mit und freue mich auf die Veranstaltungen im kommenden Jahr", so eine Teilnehmerin der Diskusionsrunde.
Bild von der Ergebniswand "Recruiting – innovativ und kreativ denken"
Forum Generationenmanagement
Moderation: Dr. Leonie Koch M.A., Otto (GmbH & Co. KG) und Klaus-Peter Mikulla, Beiersdorf AG
Der Demografische Wandel verstärkt den Fachkräftemangel und erfordert Handeln bezüglich des Change-Prozesses und der Fluktuation. Klaus-Peter Mikulla (links im Bild) setzte in der Diskussionsrunde auf Mitarbeiterbindung. Das gilt auch für die Generation 50+, die dabei nicht übersehen werden darf. In manchen Firmen werden Mitarbeitenden über 50 gar keine Fortbildungen und Entwicklungsgespräche mehr angeboten, berichteten Teilnehmende. "Ein großer Fehler", sagt Leonie Koch (rechts im Bild). "Kluge Unternehmen wissen Know-how sowie Kapazitäten von älteren Mitarbeitenden zu schätzen und bemühen sich darum, diese über das Renteneintrittsalter hinaus zu halten." Mikulla ergänzt: "Zurzeit besteht eine gute Chance, Diverses neu zu denken und zu gestalten – gemeinsam und generationsübergreifend."
Forum Inklusion
Moderation: Dr. Oliver Borszik, ddn Hamburg/KWB e.V.
"Recruiting – inklusiv gestalten" war der Auftrag, dem sich die Unternehmensvertreter/-innen unter der Anleitung von Dr. Oliver Borszik stellten. Eine Teilnehmerin erzählte, dass in ihrem Hotel ganz selbstverständlich Menschen mit Beeinträchtigung arbeiten. Sie plane aktuell die inklusive Ausbildung eines jungen Menschen im Hauswirtschaftsbereich, stehe dabei aber vor strukturellen Hürden, die einem Ausbildungsbeginn bislang im Weg stehen. "Das ist erfreulich zu hören, welche Ausdauer Sie zeigen." Mit fachlicher Unterstützung sollten die Hürden überwindbar sein, war die Einschätzung der Teilnehmenden am Tisch. Mit Blick auf das Statement der Teilnehmerin, dass ihr Hotel die erfolgreiche Beschäftigung von Menschen mit Beeinträchtigung gar nicht auf der Homepage kommuniziere, ermunterte Borszik: "Unternehmen müssen noch besser darin werden, die konkreten Benefits im Unternehmen für Bewerber/-innen mit Behinderung darzustellen und gegenseitiges Vertrauen aufzubauen."
Die Runde war sich einig, dass es im Rahmen des Recruiting-Prozesses vor allem auf authentische Kontakte und Begegnungen zwischen Arbeitgebern/-innen und Bewerbern/-innen mit Behinderung ankomme. So könne auch die Möglichkeiten für offene Fragen entstehen, wie beispielsweise "Was können Sie gut?" Und "Was benötigen Sie, um optimal arbeiten zu können?". Hilfreich ist auch, wenn beide Seiten gelotst und begleitet werden, damit eine nachhaltige Bindung entsteht.
Forum Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)
Moderation: Fleur Glaner, FAW gGmbH, und Ewa Jakubczak, EAA – Einheitlichen Ansprechstelle für Arbeitgeber:innen
"Gesundheit als Attraktivitätsmerkmal fördern" – wie können Unternehmen auf diesem Gebiet punkten? Am Tisch waren sich alle einig, dass Bewerber/-innen auf die Gesundheitsangebote im Unternehmen achten und im Vorstellungsgespräch danach fragen. Ein gutes Betriebliches Gesundheitsmanagement kann als Aushängeschild eines Unternehmens fungieren. Daher ist es gut, wenn es das Angebot auf der Internetseite sichtbar macht. Ewa Jakubczak (rechts im Bild) rät: "Starten Sie lieber mit kleinen Schritten und legen Sie den Fokus zunächst auf ein Thema." Als Beispiel nannte sie "Das Jahr der Rückenstärkung" oder "Das Jahr der Achtsamkeit". Zu diesen Themen kann man innerhalb des Jahres verschiedene Aktionen anbieten. Teilnehmende gaben zu bedenken, dass viele Gesundheitsangebote gar nicht angenommen werden würden. Fleur Glaner (links im Bild) empfahl, die Nutzbarkeit immer wieder auf den Prüfstand zu stellen. Es sei zudem nicht ratsam, gleich das ganze Unternehmen umkrempeln zu wollen. "Bauen Sie sich erst Mal einen Micro-Kosmos aus Verbündeten und abgrenzbaren Aktionen oder Maßnahmen auf."
Forum Employer Branding und New Work
Interims-Moderation: Susanne Sabisch-Schellhas ddn Hamburg/KWB e.V.
Susanne Sabisch-Schellhas arbeitete mit den Teilnehmenden zum Thema "Recruiting – mit Employer Branding klar positionieren". Als Arbeitgebender sichtbar zu werden, den Bewerbungsprozess umzudrehen und sich als Unternehmen bei den potenziellen neuen Mitarbeitenden zu bewerben war ein Learning aus dem Vortrag von Martin Gaedt. Kreative Ideen hatten einige aus der Tischgruppe bereits erfolgreich erprobt: "Humor als Stilmittel", "Kicker-Abende für arbeitssuchende Geflüchtete und Unternehmensvertretungen", "Umstyling Seminare" oder "eine zusätzliche Urlaubswoche" wurden genannt. Mit der Kampagne 'Mint for girls' können Schülerinnen experimentieren und Spaß an technischen Berufen finden.
Bei der Nutzung von Social Media sah die Gruppe noch Luft nach oben. "Insbesondere KMU sind hier wenig aktiv, es fehlt ihnen sogar häufig ein guter Webauftritt", beschrieb eine Beraterin die Situation. Der Auftritt solle die Unternehmenskultur authentisch widerspiegeln, z. B. durch "handgemachte" Videos auf Instagram, durch "echte" Mitarbeitende oder durch Influencer/-innen für jüngere Zielgruppen.
Zwei Dinge waren den Teilnehmenden noch wichtig. Zum einen müssen gute Ansätze wie vielseitige Weiterbildungsangebote, Karrierechancen oder eine "offene Fehlerkultur" zelebriert und nach außen kommuniziert werden. Zum anderen ist es wichtig, dass alles, was nach außen kommuniziert wird, auch nach innen gelebt wird.
Bild von der Ergebniswand "Recruiting – mit Employer Branding klar positionieren"
Wie eine authentische Arbeitgebermarke entwickelt und ausgerollt wird, zeigen die Hamburger Hochbahn AG und die Agentur SOULMATES Brand Communication bereits beim kommenden Forum Employer Branding & New Work:
Mittwoch, 20. März 2024
15:00 Uhr bis 17:00 Uhr
Präsenzveranstaltung:
KWB e. V., Kapstadtring 10, 22297 Hamburg
Die Veranstaltung ist kostenfrei, eine Anmeldung jedoch erforderlich.
Forum Strategische Personalplanung
Moderation: Dr. Stefan Stracke, wmp consult
Auch das Forum Strategische Personalplanung ist ein fester Bestandteil des Programms von ddn Hamburg. Der Referent, Dr. Stefan Stracke, bietet zwei kostenfreie Workshops an, die in die Grundlagen der strategischen Personalplanung einführen. Insbesondere werden KMU angesprochen, die bisher noch keine systematische längerfristige Personalplanung durchführen. Sie werden darauf vorbereitet, diese zukünftig selbstständig zu planen. Dabei hilft ihnen das Tool "Pythia" das kostenfrei zur Verfügung steht und mit Mitteln des BMAS entwickelt wurde.
Die Workshops haben unterschiedliche Schwerpunkte:
Sobald die Termine für 2024 feststehen, können Sie sich kostenfrei auf Website anmelden.
Welche Veranstaltungsthemen und Best Practice sich aus den gesammelten Ideen und Ansätzen der Demographie Werkstatt ableiten lassen, erarbeitet das ddn-Team in den kommenden Wochen. Sie dürfen auf ein prall gefülltes ddn-Veranstaltungsjahr 2024 gespannt sein.
Alle bereits feststehenden Veranstaltungen finden Sie im Kalender.
Wir freuen uns auf viele spannenden Netzwerktreffen mit Ihnen in Präsenz und online!