Sie haben eine unserer Veranstaltungen verpasst oder möchten Informationen zu einer besuchten Veranstaltung nachlesen? Hier dokumentieren wir die Fachforen und Arbeitskreise für Sie.

27.08.2013

"Neue Schichtmodelle in der Produktion"

Der erste Kaminabend des regionalen Ablegers des Demographie Netzwerkes startete am 27.08.2013 mit einer Betriebsbesichtigung der Dräger Safety AG. Dabei hatten die 20 Teilnehmer die Möglichkeit durch die Fertigungshallen der Sicherheits- und Medizintechnik zu gehen. Das Drägerwerk produziert seit 1889 und ist weltweit führender Hersteller im Bereich der Personenschutzausrüstungen und Gasmesstechnik sowie für Geräte der Notfallmedizin. Die Palette, der in Deutschland hergestellten Produkte, reicht vom Feuerwehranzug, über ein großes Sortiment an Gas- und Atemschutzmasken hin zu Drogen- und Alkoholtestgeräten. 

 

Nach der spannenden 1-stündigen Besichtigung wurden die Teilnehmer von Herrn Reessing und Frau Manitz, Position im Unternehmen, sowie der Betriebsärztin und einem Betriebsratsmitglied der Dräger AG begrüßt. Herr Reessing stellte zunächst die globale Organisationsstruktur vor, um den Zuhörern einen Überblick über Mitarbeiterstruktur und Verantwortlichkeiten zu verschaffen. Anschließend referierte Frau Manitz über das aktuell laufende Projekt zu Verbesserung des Schichtsystems im Drägerwerk. Dabei gehe es in erster Linie darum ein Schichtmodell zu entwickeln, welches die Belastungen aller Mitarbeiter senke und flexibler als das bisherige an die Mitarbeiter angepasst werden könne. Der Betrieb in Lübeck arbeitet derzeit in einer 5 Tage-Woche, wobei die Produktion hauptsächlich in einem 3-Schicht-System fertigt. Da die rückwärts rollierenden Schichten (Nacht, Spät, Früh) als auch die seltenen Schichtwechsel dieses Systems, sich aus Sicht der Arbeitswissenschaft negativ auf Gesundheit und Sozialkontakte der Belegschaft auswirken, sollen alternative Arbeitsweisen entwickelt werden. Um möglichst viele Sichtweisen in den Entwicklungsprozess mit einfließen zu lassen, hat sich deshalb ein Projektteam aus Betriebsrat, Betriebsärztin, den Führungskräften, Mitarbeitern und der Personalabteilung zusammengefunden.

 

Nach eingehender Strukturanalyse und Literaturrecherche wurde in einer Befragung der Mitarbeiter zum Thema Umgang und Problemen mit dem Schichtsystem deutlich, dass es einen evidenten Unterschied zwischen den Wünschen der Mitarbeiter und den wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Belastung durch Schichtarbeit gibt. Häufig werden seltenere Schichtwechsel und die Nachtschicht präferiert, obwohl die Forschungsergebnisse genau vor diesen warnen. Ausschlaggebend sind die zusätzliche Vergütung der Nachtschicht, als auch die ruhigere Arbeitsumgebung. Das Projektteam hat sich deshalb dazu entschieden, die Mitarbeiter in Workshops für die Auswirkungen der unterschiedlichen Schichtsysteme zu sensibilisieren und mit einer Pilot-Gruppe anschließend ein neues System auszuprobieren. Theoretische Veränderungsvorschläge können häufig nur schlecht vorgestellt werden, weshalb die praktische Anwendung notwendig ist, um den Mitarbeitern die Verbesserungen spüren zu lassen und Gewohnheiten zu durchbrechen.

 

Der Betriebsrat machte allerdings auch auf Probleme bei der Durchführung des Projektes aufmerksam. Die Kommunikation mit den Mitarbeitern müsste noch verbessert werden, um das Vertrauen der Belegschaft zu gewinnen und deutlich zu machen, dass hier etwas gemeinsam erarbeitet und nicht durch die Führung aufoktroyiert werden solle.

 

In der Feedback- und Diskussionsrunde wurde der Einsatz Drägers sehr gelobt. Die Zusammenarbeit der Abteilungen und die Offenheit gegenüber Anregungen des Personals fand dabei besonders Anklang. Das Thema Nachtarbeit wurde außerdem intensiv diskutiert, da mehrere Unternehmen hier Handlungsbedarf sehen. Eine freiwillige Einteilung zur Nachtschicht wurde größtenteils als ungeeignet abgelehnt, da man die Mitarbeiter in gewisser Hinsicht vor sich selbst schützen müsse. 

 

Um die Gesundheit der Mitarbeiter bei der Schichtwahl mehr in den Vordergrund zu rücken, kam die Idee auf, die Nachtschicht nicht finanziell sondern durch Freizeit auszugleichen. Die Erkenntnis, dass Umstellungen erheblich viel Zeit in Anspruch nehmen und eine ganzheitliche Betrachtung des Betriebes notwendig ist, um sinnvolle Veränderungen einzuführen, kann als Fazit des Abends festgehalten werden.