In unserem Newsblog finden Sie Blogbeiträge rund um das Thema Demografie in der Arbeitswelt sowie Veranstaltungstipps und Nachberichte eigener Veranstaltungen zum Stöbern. © Modrow
KI hat längst Einzug in den Unternehmensalltag gehalten. Dabei stehen die Entwicklungs- und Einsatzmöglichkeiten der Technologie noch am Anfang. In einer praxisorientierten Netzwerkveranstaltung zeigten Unternehmen aus dem Logistikbereich, wie und wo sie bereits erfolgreich mit KI arbeiten. Als Best Practice dabei: der Hafenbetreiber HHLA, die Handels- und Dienstleistungsgruppe Otto Group und das Start-up Planningio mit Use Cases aus den Bereichen Produktion, Transport und Versand.
Die FILog Gesellschaft für Innovation in Logistik und Verkehr e. V. und das Demographie Netzwerk Hamburg (ddn Hamburg), das bei der KWB e. V. angesiedelt ist, luden zu einem Fachaustausch über KI und Fachkräftemangel in der Logistik ein. Das Event brachte im Haus der Wirtschaft führende Experten/-innen aus Wissenschaft und Wirtschaft zusammen, um innovative Lösungsansätze zu diskutieren, die Künstliche Intelligenz (KI) zur Bewältigung des Fachkräftemangels in der Logistik bieten kann.
Dr. Martin Makait, Vorstandsvorsitzender der FILog, und Hansjörg Lüttke, Geschäftsführender Vorstand der KWB, machten gleich zu Beginn deutlich, dass sich die Logistikbranche in einem Spannungsfeld zwischen steigendem Personalbedarf und dem akuten Mangel an Arbeits- und Fachkräften befinde. KI könne dabei potenzielle Antworten bieten. Sie plädierten für einen interdisziplinären Dialog: "Unser Ziel ist es, Wirtschaft und Wissenschaft zusammenzubringen, um Lösungen gemeinsam anzugehen."
Prof. Dr. Voigt von der Universität Hamburg betonte die rasante technologische Entwicklung im Bereich KI und deren Anwendungsrelevanz. Besonders hob er die Möglichkeiten hervor, die KI für die Automatisierung von Routineaufgaben wie der Rechnungsprüfung und der Analyse von Geschäftsprozessen bietet. Dabei betonte er: "KI ersetzt keine Fachkräfte, sie verändert vielmehr das Anforderungsprofil."
Dr. Nils Roemer, Managing Director der Planningio GmbH, und Dr. Tobias Vlcek, Founder und Geschäftsführer von BeyondSimulations, haben aus der Universität Hamburg heraus erfolgreich gegründet. Als Experten für mathematische Optimierung setzen sie in der Entwicklung auf ein starkes Trio: KI, mathematische Optimierung und Simulation. "Jede dieser Technologien hat ihre Stärken und Schwächen, doch gemeinsam bilden sie eine schlagkräftige Einheit", erklärten sie. So entwickelte Planningio für einen Sekt-Marktführer einen digitalen Zwilling zur Sicherung von Produktionswissen und eine automatisierte, optimierte Planung für Keller und Abfüllung. Dr. Tobias Vlek präsentierte einen Anwendungsfall des Start-ups BeyondSimulations, das mittels KI eine Passagierflusssimulation und die Optimierung der Metro-Sicherheitsplanung bei der FIFA-WM 2022 vornahm. Besonders beeindruckend war der Bericht über die Anwendung dieser Technologien bei der Hajj in Mekka, wo durch mathematische Optimierung und Simulation sichere Pilgerpläne erstellt wurden, was seit Jahren zu unfallfreien Pilgerfahrten beiträgt.
In der Diskussion stellte Römer zudem klar, dass KI-Projekte auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) umsetzbar sind: "Wir sehen einen attraktiven Markt, in dem auch KMU KI-Projekte realisieren können." Hinsichtlich der Projektlaufzeiten hob er die Abhängigkeit vom Digitalisierungsgrad der Unternehmen hervor: "Die Dauer eines Projekts kann von wenigen Wochen bis zu mehreren Jahren reichen."
Dr. Daniel Beck, HPC Hamburg Port Consulting GmbH, Experte für prädiktive Analysen und maschinelles Lernen, ist bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) für die KI-Entwicklung verantwortlich. Er gab Einblicke in die Einführung und praktischen Anwendung von Künstlicher Intelligenz im Containerumschlag. "Unser Ansatz war ein Bottom-up-Prozess: Wir haben über 170 KI-Anwendungsfälle erhoben und ausgewählte Use Cases umgesetzt", berichtete er. Besonders spannend war seine Schilderung über die Vorhersage der Verweildauer von Containern und deren günstigste Lagerung. KI könne helfen, genau vorherzusagen, wie viele Container in den kommenden Tagen eintreffen und wie viel Personal dafür benötigt wird. "KI ermöglicht uns, repetitive Aufgaben effizienter zu gestalten, was uns angesichts des Fachkräftemangels enorm hilft."
Umfangreiche Einsparungen beim Personaleinsatz können auch in der Verwaltung erzielt werden. Office Automation mithilfe Generativer AI und Large Language Models hilft beispielsweise bei der Zollabfertigung, wo bisher große zeitliche Ressourcen durch manuelle Arbeit gebunden wurden. "KI-Agenten kümmern sich um die Kommunikation, Formular- und Rechnungsverarbeitung. So erzielen wir eine hohe Produktivitätssteigerung im digitalen Arbeitsumfeld", betonte der Experte.
Um die Awareness der Mitarbeitenden für KI im Unternehmen zu stärken hat die HHLA vielfältige Maßnahmen eingeführt wie Pilotprojekte, Integration in den Arbeitsalltag, Hands-on-Workshops, interne Kommunikationskampagnen und die Ernennung von KI-Botschaftern/-innen.
Ein weiteres Highlight der Veranstaltung war der Beitrag von Anna Lehmkuhl, die für Otto im Supply Chain Management tätig ist. In Kooperation mit verschiedenen AI-Partnern entwickelt das Unternehmen KI-Lösungen, die monotone oder körperlich anstrengende Arbeiten maschinell übernehmen. Sie stellte die strategische Kooperation mit Covariant vor, einem Unternehmen, das auf das selbstständige Analysieren von Gegenständen spezialisiert ist. "2023 haben wir die erste Pick-and-Place-Roboterzelle in unserem Paketzentrum in Haldensleben implementiert", berichtete sie stolz. Der KI-gesteuerte Roboter erkennt die gesuchte Ware und ist in der Lage, sie schonend anzuheben und richtig zu platzieren. Die Herausforderung besteht darin, diese Technologie in einer Umgebung zu implementieren, die ursprünglich für menschliche Arbeitskräfte konzipiert wurde.
Lehmkuhl betonte die Notwendigkeit, die Mitarbeitenden in den Wandel einzubeziehen: "Es ist wichtig, die Distanz zu neuen Technologien zu verringern. Offene Kommunikation, etwa durch Open Days oder die Personifizierung von Robotern, kann helfen, Ängste abzubauen." Ihre Vision ist ein harmonisches Zusammenspiel von Mensch, Robotik und KI, das attraktive Arbeitsbedingungen schafft. Sie sieht in der KI auch eine Möglichkeit, den Mangel an Arbeitskräften auszugleichen, mit dem die Logistikbranche gerade bei körperlich anstrengenden oder sich wiederholenden Aufgaben konfrontiert ist.
Die Veranstaltung bot wertvolle Einblicke in die aktuellen Entwicklungen im Bereich KI und Logistik sowie deren Beitrag zur Lösung des Fachkräftemangels. Ein zentrales Fazit war, dass KI nicht als Bedrohung, sondern als Chance gesehen werden sollte, neue Formen der Zusammenarbeit und Effizienz zu schaffen. Die Referenten/-innen waren sich einig: Der Mensch bleibt trotz aller technologischen Fortschritte unverzichtbar – sei es bei der Steuerung von Prozessen oder bei der kreativen Problemlösung. Die Anforderungen an den einzelnen ändern sich jedoch, und deshalb ist es wichtig, die Mitarbeitenden im technologischen Wandel mitzunehmen.
In den kommenden Jahren wird das Thema KI und Fachkräftemangel die Logistikbranche weiter begleiten. Weitere spannende Entwicklungen und Veranstaltungen zu diesem Thema werden sicherlich folgen.