In unserem Newsblog finden Sie Blogbeiträge rund um das Thema Demografie in der Arbeitswelt sowie Veranstaltungstipps und Nachberichte eigener Veranstaltungen zum Stöbern. © Modrow

19.06.2023

Mitarbeiterbindung durch betriebliches Gesundheitsmanagement

Die Teilnehmenden konnten sich in Präsenz austauschen.
Die Teilnehmenden konnten sich in Präsenz austauschen.

Nur 13 Prozent der 2022 Befragten weisen laut Gallup-Engagement-Index eine hohe emotionale Bindung an ihren Arbeitgebenden auf, während sich 69 Prozent gering und 18 Prozent sogar nicht gebunden fühlten. Welche Ursachen diese Zahlen haben und wie mit einem guten betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) entgegengewirkt werden kann, war Thema bei der Präsenzveranstaltung am 8. Juni 2023 in der KWB.

 

Volkswirtschaftlicher Schaden

"Wenn Sie mit 100 Mitarbeitenden einen Change-Prozess umsetzen wollen und sich 18 Personen gar nicht und 69 Personen nur gering gebunden fühlen, dann zieht das den Prozess entscheidend in die Länge und die Erfolgsaussichten sind geringer", verdeutlichte Eidin Madjidpour, Business Development Consultant bei Gallup, die Folgen der geringen Mitarbeiterbindung. Der hohe Anteil an Mitarbeitenden, die bereits innerlich gekündigt haben, trifft nicht nur einzelne Unternehmen hart. Die volkswirtschaftlichen Kosten beliefen sich im Jahr 2022 auf eine Summe zwischen 118 und 151 Milliarden Euro, berichtete Madjidpour weiter. 

Negativ Trend erkennbar

Die Gallup-Studie konnte einen klaren negativ Trend ausmachen. Immer weniger Befragte stimmten den folgenden

Eidin Madjidpour, Gallup
Eidin Madjidpour stellte den Gallup-Engagement-Index  vor.

Aussagen zu:

  • Ich weiß, was bei der Arbeit von mir erwartet wird.
  • Ich habe die Materialien und die Arbeitsmittel, um meine Arbeit richtig zu machen.
  • Ich habe bei der Arbeit jeden Tag die Gelegenheit, das zu tun, was ich am besten kann.
     

"Natürlich bringt es auch der Fachkräftemangel mit sich, dass Mitarbeitende erweiterte Aufgaben übernehmen müssen, damit an ihre Belastungsgrenzen kommen und unzufrieden werden", konstatierte Madjidpour.

Wechselbereitschaft nimmt zu

Laut Bertelsmann-Stiftung berichten 73 Prozent von Fachkräfte-Engpässen in ihren Unternehmen. Dazu kommt die hohe Wechselbereitschaft der Mitarbeitenden. "2022 waren 11 Prozent der Beschäftigten 'aktiv auf der Suche' und 31 Prozent hielten die Augen offen‘ nach einem neuen Job", zitiert Eidin Madjidpour aus der Studie. "Die häufigsten Gründe von Kündigungen sind zum einen geringe Entwicklungschancen und zum anderen die direkte Führungskraft“, erläutert er. Auffällig ist die Diskrepanz zwischen Selbstbild und Fremdeinschätzung beim Thema Führung. Während 69 Prozent der Mitarbeitenden in ihrer Berufslaufbahn schon einmal eine schlechte Führungskraft erlebt haben, behaupten 97 Prozent der Führungskräfte von sich, einen guten Job zu machen. "Das zeugt von einem gesunden Selbstbewusstsein unserer Führungskräfte", so der Referent. 

Maßnahmen für eine bessere Bindung

Auf die Frage, wie dem entgegengesteuert werden könne, riet der Experte: "Im ersten Schritt sollte ein Bewusstsein im Unternehmen geschaffen werden. Dann müssen Führungskräfte entsprechend fortgebildet werden. Wichtig ist auch die langfristige Nachverfolgung des Erlernten." Die Förderung der Mitarbeiterbindung sei ein Top-Down-Thema, das unbedingt von oben angestoßen und unterstützt werden müsse.

Die Umsetzung einer wertschätzenden und klaren Führung müsse auf Managementebene erfolgen. Dabei könnten schon kleine Gesten zu einem besseren Klima führen. "Wenn Führungskräfte in Meetings zu Beginn deutlich machen, dass sie die Erfolge des Teams sehen oder öfter mal ein Lob persönlich oder auch via Post-it platziert wird, hat das schon Auswirkungen auf die Mitarbeiterbindung", so der Berater. "Während Corona ist die Mitarbeiterbindung auch deshalb gestiegen, weil das Wohlbefinden und die persönliche Situation mehr in den Fokus gerückt ist", erläuterte er.

BGM als Treiber der Mitarbeiterbindung
 
Fleur Glaner, FAW gGmbH
Den Zusammenhang von Mitarbeiterbindung und BGM untermauerte Fleur Glaner von der FAW mit Beispielen aus der Praxis.

Zwei wesentliche Treiber für eine gute Performance bei der Arbeit sind Gesundheit und Wohlbefinden. Doch auch hier ist die Entwicklung alarmierend: stressinduzierte Beschwerden wie Müdigkeit, Schlafstörungen und Konzentrationsschwierigkeiten, Rücken-, Kreuz- und Nackenschmerzen sowie depressive Verstimmungen und emotionale Erschöpfung sowie Bluthochdruck und ähnliche Beschwerden nehmen zu.

Fleur Glaner, Leiterin Betriebliche Gesundheit und Prävention bei der Fortbildungsakademie der Wirtschaft, erläutert, wie gesundheitliche Störungen am Arbeitsplatz entstehen können und empfiehlt: "Richten Sie den Fokus verstärkt auf das Wohl der Mitarbeitenden, um diese zu halten und keine kostspieligen längeren Vakanzen zu haben."

Ihre Erfahrungen belegten, dass das betriebliche Gesundheitsmanagement ein grundsätzliches Potenzial zur Mitarbeiterbindung besitzt. Denn BGM mache den Mitarbeitenden deutlich, dass sich ihr Unternehmen um sie bemüht und ihnen gute Arbeitsbedingungen schaffen will. So zeigen Untersuchungen, dass Beschäftigte von Unternehmen mit BGM sich ihrem Unternehmen affektiv stärker verbunden fühlen als in Unternehmen ohne BGM. "Dieses muss dann aber auch auf Leistungs- und Kommunikationsebene 'richtig' umgesetzt und vorgelebt werden", betont sie und sieht in vielen Unternehmen noch Luft nach oben.

Präsentismus steigt
 
Albrecht Wehner , TK
Was Präsentismus ist und warum er gestiegen ist, erläuterte Albrecht Wehner von der TK.

Albrecht Wehner aus dem Gesundheitsmanagement bei der Techniker Krankenkasse (TK), berichtete von der Erkenntnis, dass immer mehr Menschen arbeiten würden, auch wenn sie eigentlich krank sind. "Laut Umfrage sagen das 57 Prozent von sich", so der Gesundheitsmanager. "Dafür kann es unterschiedliche Gründe geben. Beispielsweise, dass Vorgesetzte es entsprechend vorleben, dass der Arbeitsdruck so hoch ist und niemand einspringen kann, aber auch, dass die neuen Homeoffice-Regelungen es grundsätzlich ermöglichen, krank von zuhause zu arbeiten." Präsentismus birgt jedoch Gefahren: Das Ansteckungsrisiko, die Arbeitssicherheit, die Chronifizierung, das Burn-out-Risiko und auch eine sinkende Arbeitszufriedenheit.

Gute Praxis im Austausch
Teilnehmende im Austausch
Die Teilnehmenden steuerten viele wertvolle Ideen zum Thema "Mitarbeiterbindung und BGM" bei.

Im Open Space kamen die Teilnehmenden bei einem Snack darüber ins Gespräch, welche "Gute Praxis" sie einbringen können und auch, welche Ideen sie von der Veranstaltung mitnehmen. Darunter folgende Empfehlungen und Gedanken:

  • Führungskräfte oder Beschäftigte als "Mental Health First Aid" ausbilden
  • Netzwerk zur kollegialen Erstbetreuung aufbauen
  • Klare Homeoffice-Regeln: Anzahl der Tage in der Woche oder im Monat festlegen
  • Führungskräfte halten sich ebenfalls an die Arbeitsvereinbarungen und sind ein gutes Vorbild für Self-Care
  • Raum für menschliche Beziehungen schaffen
  • Führungskräfte sollten Verantwortung ins Team abgeben
  • Kudo-Wall als Sammelwand (Kudo kommt aus dem Griechischen und bedeutet Anerkennung)
  • Feedback-Methode "Warme Dusche"
  • Häufiger bei Beschäftigten bedanken

 

Hier können Sie den Bericht zum "Engagement Index Deutschland 2022 – So denkt Deutschland über seine Arbeitsplätze" anfordern.

Präsentation von Fleur Glaner, Leiterin Betriebliche Gesundheit und Prävention bei der Fortbildungsakademie der Wirtschaft: "Mitarbeiterbindung und BGM"

 
Sie möchten das Thema vertiefen?

Am Donnerstag, dem 29. Juni 2023 greifen Ewa Jakubczak und Fleur Glaner von der FAW gGmbH das Thema "Mitarbeiterbindung" auch in ihren Arbeitskreisen zum "Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM)" und zur "Psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz" auf. Sie sind zu diesem Austausch von 15:00 Uhr bis 17:00 Uhr in den Räumlichkeiten der KWB herzlich eingeladen.
Bitte melden Sie sich über folgende Kontaktadressen an: ewa.jakubczak@faw.de und fleur.glaner@faw.de.

 

Forum "Betriebliches Gesundheitsmanagement BGM"

Forum: BGMIn dem moderierten BGM-Arbeitskreis "Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)" tauschen Gesundheitsbeauftragte aus Unternehmen in vertrauter Runde Erfahrungen, aktuelle Informationen und Tipps für die Umsetzung von BEM in ihrem Betrieb aus. Impulsvorträge zu Entwicklungen und Strukturen im BEM sowie die kollegiale Beratung im Fallmanagement bereichern den Austausch.

Erfahren Sie hier mehr zu dem Forum BGM und Arbeitskreis.