In unserem Newsblog finden Sie Blogbeiträge rund um das Thema Demografie in der Arbeitswelt sowie Veranstaltungstipps und Nachberichte eigener Veranstaltungen zum Stöbern. © Modrow
Das 11. digitale Forum Inklusion widmete sich der Frage, wie Unternehmen Inklusionsmaßnahmen entwickeln und durch messbare Kennzahlen sichtbar machen können. Im Mittelpunkt stand die Verknüpfung von Inklusion mit strategischen Nachhaltigkeitszielen im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Experten/-innen und Praktiker/-innen zeigten praxisnahe Wege auf, um Fortschritte bei der inklusiven Ausbildung und Beschäftigung messbar zu machen und zugleich die wirtschaftlichen Vorteile von Inklusion zu nutzen.
Dr. Oliver Borszik eröffnete das Forum mit einer klaren Botschaft: "Inklusive Ausbildung und Beschäftigung sind für Unternehmen machbar – aber nur, wenn sie bereit sind, umzudenken und ihr Handeln nachhaltig zu verändern."
Ein zentraler Aspekt der Veranstaltung war die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), aus der noch in diesem Jahr die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) hervorgehen. Diese verpflichtet Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsberichte um soziale Kriterien wie Diversität und Inklusion zu erweitern. Dr. Borszik wies darauf hin, dass Inklusion seit diesem Jahr in drei von vier Kategorien der ESRS für soziale Nachhaltigkeit verankert ist. Der Anspruch der Gleichbehandlung und Chancengleichheit wird dabei auf folgende Bereiche ausgedehnt:
Damit verpflichtet diese Richtlinie Unternehmen nicht nur, Umweltziele zu verfolgen, sondern auch soziale Maßnahmen messbar zu machen und öffentlich zu kommunizieren. "Diese Standards machen deutlich, dass Inklusion keine Nebensache ist, sondern ein Kernbestandteil einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie sein muss", so Dr. Borszik.
Eine digitale Live-Umfrage unter den teilnehmenden Unternehmensvertretungen zeigte, dass 36 Prozent der Aussage "Die Erhebung von Kennzahlen der Inklusion ist für mein Unternehmen interessant, doch sind wir bisher (noch nicht) aktiv geworden" und 14 Prozent der Aussage "Das ist bei uns (bisher noch) kein Thema" zustimmen. 18 Prozent sind schon viel weiter und gaben an, dass die erhobenen Kennzahlen bereits in das Reporting einfließen. Alle Umfrageergebnisse finden Sie hier:
Dr. Borszik stellte jedoch auch fest, dass gesetzliche und regulatorische Pflichten allein bisher wenig bewirkt haben, um Inklusion in Unternehmen voranzutreiben. "Noch immer beschäftigen 45.000 Unternehmen in Deutschland keine Menschen mit Behinderungen, obwohl sie dazu verpflichtet wären", erklärte er.
Weiterhin leitete Dr. Borszik die Notwendigkeit von Inklusion aus dem Gallup Engagement Index Deutschland 2023 ab. Dieser zeigt, dass die emotionale Bindung von Mitarbeitenden zu ihren Unternehmen zunehmend schwindet. Als Begründung nannten die Befragten unter anderem, dass sie im Unternehmen nicht so sein können, wie sie sind. Das betrifft Menschen mit und ohne Behinderung. "Eine inklusivere Unternehmenskultur kann hier aktiv entgegensteuern", so Borszik.
Präsentation von Dr. Oliver Borszik (PDF)
Wolfgang Kowatsch, Managing Director von myAbility, betonte darüber hinaus die wirtschaftlichen Vorteile von Inklusion und Barrierefreiheit: "Inklusion sollte nicht nur ein Add-On sein, sondern aktiv geführt und sichtbar gemacht werden." Er erläuterte, dass Inklusion nicht nur Barrieren abbaut, sondern Unternehmen vielfältige Vorteile bringt:
"Inklusive Unternehmen genießen zudem eine positivere Außenwahrnehmung, was sich direkt auf Kundenzufriedenheit und Markenloyalität auswirkt", ergänzte Kowatsch.
"Viele Unternehmen haben jedoch noch Nachholbedarf beim Reporting von Inklusionsmaßnahmen", stellte Kowatsch fest. Dabei bringt das Reporting den Unternehmen, die bereits auf einem inklusiven Weg sind, viele Vorteile: "Sichtbarkeit für das Thema, Vergleichbarkeit, Transparenz und Glaubwürdigkeit sind einige davon. Zudem steigert das Reporting auch die Qualität und Relevanz für das Thema", erläutert er. Beim Messen von Inklusion zahlt es sich aus, zwei Perspektiven zu haben: Complience und Strategie getrieben.
Präsentation von Wolfgang Kowatsch, myAbility (PDF)
Filip Bertzbach von Dialoghaus Hamburg präsentierte, wie Unternehmen durch die Entwicklung von KPIs den Erfolg ihrer Inklusionsmaßnahmen messen und diese ins ESG-Reporting integrieren können.
"Kennzahlen sind nicht nur Werkzeuge für das Management, sondern auch ein Mittel, um Transparenz und Vertrauen bei Mitarbeitenden, Kunden/-innen und der Öffentlichkeit aufzubauen", erklärte Bertzbach.
Im Rahmen einer einjährigen Zusammenarbeit mit myAbility entwickelte Bertzbach ein Bewertungssystem für Inklusion im Unternehmen. Gemeinsam identifizierten sie neben der Repräsentanz von Menschen mit Behinderung vier weitere zentrale Handlungsfelder: Strategische Verankerung, Bewusstsein & Kompetenz, Barrierefreiheit und Rekrutierung & Support.
Um diese Handlungsfelder so aufzuarbeiten, dass sie für einen Report messbar sind, werden quantitative Daten wie Kosten, Anzahl und Aktivitäten sowie weitere Daten aus dem HR-Bereich verwendet. Auch Eigeneinschätzungen, Reifegrad und Vergleichsdaten werden herangezogen. Für das Feld "Repräsentanz von Menschen mit Behinderungen" eignen sich beispielsweise a) die Beschäftigungsquote, b) die Anzahl der Einstellungen und c) die Anzahl der Führungskräfte. Die Auswertung aller Handlungsfelder der Daten erfolgt über ein intuitiv verständliches Dashboard.
Bertzbach appellierte: "Seht die Directive als Chance und macht sichtbar, was ihr im Unternehmen bereits alles für Inklusion tut!"
Präsentation von Filip Bertzbach, Dialoghaus Hamburg (PDF)
Stefanie Bonifer von Lufthansa Technik gab einen praxisnahen Einblick in das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM). "BEM ist für Unternehmen verpflichtend. Als Beauftragte sind wir neutral und wollen eine Win-Win-Situation schaffen", erklärte Bonifer.
Sie zeigte, wie Lufthansa Technik Kennzahlen entwickelt hat, um BEM-Prozesse messbar zu machen: "Ich habe KPIs aufgestellt, die 'reportet' werden können. Zum Beispiel können wir messen, ob sich die Arbeitsunfähigkeitszeiten reduzieren lassen und in welchen Bereichen die meisten Eingliederungsfälle auftreten."
Bonifer hob hervor: "Es wird sich noch zeigen, welche der KPIs in den Bericht aufgenommen werden. Aber die Grundlage ist entscheidend für ein transparentes und wirksames Management."
Im abschließenden Plenum diskutierten die Teilnehmenden konkrete Ansätze zur Förderung von Inklusion. Viele waren sich einig, dass Inklusion als langfristige Strategie etabliert werden muss, um den Anforderungen der CSRD gerecht zu werden.
Ein Ausblick auf zukünftige Initiativen, wie den DisAbility Confidence Day Deutschland 2025, zeigte, dass immer mehr Unternehmen bereit sind, sich aktiv mit Inklusion auseinanderzusetzen.